Kanada erleben, My Way

Erfahrungsbericht von Luca MenthBritish Columbia

Hi, How are you? Ich bin Luca, komme aus Ulm, und bin 16 Jahre alt. Ich verbrachte mein bisher bestes und spannendstes Jahr meines Lebens in Vancouver, Beautiful British Columbia. Es war die beste Entscheidung, nach Kanada zu gehen, die ich je getroffen habe. Ich habe so viele neue Dinge gelernt und erlebt, die ich niemals gelernt hätte, wenn ich nicht gegangen wäre.

Elfin Lakes in der Nähe von Squamish

Der Grund warum ich mich entschied einen Auslandsaufenthalt zu machen war, dass ich mich nicht bereit für die Jahrgangsstufe gefühlt habe. Ich wusste nicht welche Fächer ich belegen sollte oder welche mich überhaupt interessieren. Ich wollte mein Englisch verbessern und neue Erfahrungen schöpfen. Ich wollte mehr selbständig werden da ich merkte dass ich mich schon sehr auf meine Eltern stützte. Von meiner Schwester Larissa, die einen Austausch nach Calgary gemacht hatte, wusste ich dass es so viel zu entdecken gibt.

Ich habe nie das Verlangen verspürt in die USA zu gehen. Für eine Weile spielte ich mit dem Gedanken nach Neuseeland oder Australien zu gehen. Ich ließ ihn aber fallen, da in Australien und Neuseeland das Schuljahr im Januar beginnt.

Ein weiterer Grund für Kanada war mein Kanadischer Eislaufcoach in Deutschland, welche immer über ihr Heimatland geschwärmt hat. Außerdem hat mich das Land mit Wäldern, Gletschern, Prärien, Ozeanen, Bergen, und so viel mehr schon immer interessiert. Das erste Mal hörte ich über Vancouver schon in der 7. Klasse.

Blick auf Vancouver von Granville Island

Downtown mit BC Place

Mich faszinierte die Vielfältigkeit: Großstadt, Ozean im Westen, Berge im Norden, und alles erreichbar in wenigen Stunden. Es gibt nicht nur Vielfältigkeit in der Natur, sondern auch in den Menschen hier. Vancouver ist die meist multikulturelle Stadt in Kanada nach Toronto. Mich würde es nicht überraschen wenn man eine Person aus jedem Land der Welt hier trifft. Seit diesem Zeitpunkt war für mich glasklar, dass ich eines Tages dort hingehen werde; am 25 August 2017, genau 20 Tage nach meinem 16ten Geburtstag, brach ich auf für die Reise meines Lebens. Das ging natürlich nicht ohne eine monatelange Planung. Ohne meinen Dad, der ehrlichgesagt 90% der Planung machte, hätte ich das niemals geschafft! Danke Dad.

Nach drei Stunden im Auto und zehn Stunden im Flugzeug, kam ich endlich in meinem neuen Zuhause an. Ich verließ das Flugzeug und das Abenteuer begann: völlig übermüdet und total eingeschüchtert hatte ich keinen Plan was ich zu tun hatte. Ich wusste, dass ich mich in irgendeiner Reihe für mein Study Permit anstellen musste und davor mein Gepäck, zwei Koffer in denen sich grundsätzlich mein ganzes Leben befand, abholen musste. Irgendwie habe ich es zustande gebracht durch die Kontrollen zu kommen und sah dann auch das Gepäckband für meinen Flug. Eine Stunde später stellte ich mich in die Reihe für mein Study Permit an. In der Zwischenzeit wusste meine Gastfamilie nicht ob ich überhaupt angekommen bin. Ich schrieb ihnen eine SMS und fühlte mich so viel besser nachdem ich eine Antwort bekommen hatte. Mein Study Permit wurde auch endlich bearbeitet. Nach weiteren zwei Stunden, konnte ich endlich mein Visum abholen. Ich versuchte mich etwas zu beruhigen, nahm mein Gepäck, und verließ nach vier Stunden endlich den Flughafen. Der Schwiegersohn meiner Gastmutter holte mich ab und brachte mich in mein neues Zuhause. Ich lernte meine Gastfamilie kennen; die aus meiner Gastmutter, ihren zwei Söhnen, und einem Brasilianischem Austauschschüler bestand, aß etwas, ging in mein neues Zimmer, und schlief sofort ein.

Am nächsten Tag war der vierte Geburtstag der Enkelin meiner Gastmutter.

Happy Birthday Ariana

Dort lernte ich den Rest der Familie kennen. Der Brasilianer war 21 und in seinem letzten Monat seines halbjährigen Aufenthalts. Er führte mich etwas herum und nahm mich mit nach Deep Cove, mein erster Ausflug in Vancouver. Zwei Tage nach meiner Ankunft kam der Italienische Austauschschüler an, mit dem ich auf dieselbe Schule gehen würde. Wir hatten eine Woche bis die Schule beginnen würde, also fuhr unsere Gastmutter uns herum und zeigte uns alles was wir wissen mussten. Ich hatte noch immer etwas Zweifel ob es doch die richtige Entscheidung gewesen war. Aber ich gewöhnte mich langsam an den Zeitunterschied und die neue Umgebung und die Dinge wurden besser.

Deep Cove

Downtown Vancouver aus Sicht von Stanley Park

Kanadische High Schools haben eine viel größere Vielfalt an Fächern als das was wir von Deutschland gewöhnt sind. Meine Schule bot neben den erforderlichen Fächern wie Mathe, Englisch, oder Naturwissenschaften Fächer wie Holzarbeiten, Automechanik, Active for Life, Drama, Film, schwarz-weiß Photographie, Physical Education, Foods and Nutrition, Psychology, Youth Outdoor Education,…an. Die Schule die ich für mich ausgesucht hatte war mit ihren 800 Schülern relativ klein. Da das Gebäude jedoch für 1500 Schüler gebaut wurde, war alles riesen groß. In der ersten Schulwoche kam ich deshalb oft zu spät zu meinen Klassen, da ich nicht wusste wo sich die Klassenzimmer befanden. Auch im Unterricht schlief ich des Öfteren ein, da ich nicht an 80 Minuten lange Schulstunden gewöhnt war. Dazu kommt, dass es einfach nur anstrengend war die ganze Zeit zu versuchen alles zu verstehen. Nach und nach wurde es aber besser. An meiner Schule hatten ungefähr 80% der Schüler einen Asiatischen Hintergrund, was mich am Anfang überraschte. In Social Studies (Geschichte und Sozialkunde) lernte ich aber dann, dass Canada, speziell Vancouver, einen großen Anteil an Asiaten hat, aufgrund des Baues der Canadian Pacific Railroad und dem Cariboo Gold Rush.

Canada Place

In Physical Education, im Prinzip Sport, probierten wir alle drei bis vier Wochen eine andere Sportart aus. Wir spielten American Football, Softball, Fußball, Tennis, Ultimate, und wir probierten sogar Golf und Bogenschießen aus. In schwarz-weiß Photographie benutzten wir Kameras, die noch mit Film funktionierten. Wir nahmen die Bilder auf, entwickelten den Film, und druckten die Bilder im darkroom. Die Klasse die mich jedoch am meisten interessiert hat war Youth Outdoor Education (YOE). Es war im Prinzip ein outdoor leadership Kurs, wo wir Dinge über Nachhaltigkeit und ökologisches Bewusstsein gelernt haben mit dem Ziel, dass wir am Ende des Jahres auf unsere eigenen Backpacking/Camping Trips gehen können. Wir lernten alles Mögliche vom Packen eines Rucksackes der ein Drittel deines Körpergewichts wiegt, über Schnee Lawinen bis zu Orientierung mit Karte und Kompass. Über das ganze Jahr verteilt gingen wir auf fünf verschiedene Backpacking Trips, die von einer Übernachtung in einer Blockhütte, bis zu fünf Nächten im Zelt an unberührten Stränden variierten. Auf diese Weise konnte ich Kanadas Schönheit mit eigenen Augen erleben.

Blick vom Black Tusk, in der Nähe von Whistler

Bevor ich überhaupt begann Freunde zu finden, versuchte ich dass ich mit meiner Gastfamilie klar komme. Ich denke das hat sich ausgezahlt, da ich am Ende des Jahres ein paar Wochen länger in ihrem Haus bleiben durfte bis meine Eltern mich besuchen kamen. Meine Gastmutter war nett und herzlich. Sie verließ ihre Heimat Griechenland mit nur 15 Jahren, ganz allein und ohne ein Wort Englisch zu sprechen, um ein neues Leben in Vancouver anzufangen. Aus diesem Grund konnte sie nachvollziehen was wir durchmachen und war sehr verständnisvoll. Sie half uns mit der Schule; wenn wir etwas nicht verstanden, sie half uns mit den Busverbindungen, und erklärte uns einfach Sachen, die hier anders sind als in Europa. Ich bin wirklich froh, dass ich sie hatte, denn sie war einfach da, wenn ich mich etwas schlecht fühlte. Sie ist ein großer Grund warum ich Vancouver mein zweites Zuhause nennen kann. Die einzige Sache, die ich Schade finde, war dass wir fast nie zusammen irgendwo hingegangen sind. Meine Gastmutter hatte kein Auto und war einfach nicht die Person zum Ausgehen. Dadurch da meine Gastfamilie griechisch war lernte ich nicht nur die Kanadische Kultur kennen, sondern auch etwas die Griechische.

In den ersten Monaten hatte ich eigentlich nur internationale Freunde; wir waren alle neu an der Schule und machten im Großen und Ganzen dieselben Sachen durch. Auf Grund meiner Schüchternheit brauchte ich eine ganze Weile zu realisieren, dass Kanadier nicht wirklich von sich aus auf dich zukommen und sich zu dir öffnen. Ich lernte dass Kanadier wesentlich höflicher sind als Deutsche, aber es viel schwerer ist mit ihnen eine gute Freundschaft aufzubauen. Da Kanada ein Land von Immigranten ist, die meisten Schüler nur in der zweiten oder dritten Generation in Kanada sind, und es viele internationale Schüler gibt, haben Kanadier Geduld und helfen dir auch wenn du Probleme mit der Sprache hast. Ich brauchte viel zu lange um zu realisieren, dass ich den ersten Schritt machen muss.

Hollyburn Mountain, West Vancouver

Cape Scott, Vancouver Island

Wenn ich auf das Jahr zurück schaue kann ich nur sagen, dass es bis jetzt auf jeden Fall das beste Jahr meines Lebens war. Ich lernte ein neues Land, eine neue Stadt, eine neue Kultur, und so viele tolle Menschen kennen. Am Ende des Jahres kannte ich Vancouver besser als viele Kanadier, einfach weil ich es wissen musste. Ich hatte nicht die Unterstützung meiner Eltern oder mein persönliches Mama-Taxi wenn ich es brauchte; und das war auch gut so. Wenn ich den letzten Bus verpasste, konnte ich entweder ein Taxi rufen oder laufen. Ich lernte Dinge, die ich niemals gelernt hätte, wenn ich nicht gegangen wäre. Ich wurde höflicher, selbständiger, und erwachsener. Es war mehr als schwer diese Heimat die ich lieben gelernt habe zu verlassen. Aber ich werde es nie bereuen, dass ich ein zweites Zuhause auf der anderen Seite der Welt gefunden habe! Canada eh?

Canada Day am Canada Place, Vancouver