Kanada – ein zweisprachiges Abenteuer

Erfahrungsbericht von Fabienne FournellQuébec

Hi ich bin Fabi und ich war für ein Jahr in Gatineau in der Provinz Québec.

Ein wichtiger Grund warum ich nach Kanada wollte war, dass ich mich in beiden Sprachen, Englisch und Französisch, verbessern wollte. Zuerst ist meine Wahl auf Ottawa gefallen, da es offiziell zweisprachig ist, aber dann habe ich Gatineau gefunden, eine hauptsächlich französische Stadt nur über den Fluss von Ottawa aus. Diese Location ist echt super da der Gatineau Parc mit sehr viel Natur auf der einen Seite und Ottawa Downtown auf der anderen Seite liegt. Daher war ich in 10 Minuten mit dem Auto entweder mitten in der Natur, wo ich alles von Skifahren, Langlaufen bis hin zu wandern machen konnte, oder mitten in der Hauptstadt von Kanada.

Da ich wie gesagt mich in beiden Sprachen verbessern wollte habe ich in einer französischen Gastfamilie gelebt und eine englische Schule besucht. Bevor ich nach Kanada gegangen bin habe ich mir viele Gedanken gemacht ob es nicht doch zu schwer oder zu viel sein wird. Auch die ersten Wochen wo ich so gut wie kein französisch verstanden habe, habe ich es bereut, aber sobald ich nach ca. einem Monat fast alles verstanden und nach ein paar mehr Monaten so gut wie flüssig in französisch war habe ich gemerkt, dass die anfänglichen Schwierigkeiten einfach dazu gehören.

Mit meiner Gastfamilie hatte ich echt super Glück, da sie mich von Anfang an wie ein Familienmitglied behandelt haben. Anfangs war es natürlich erst mal ungewohnt in einer komplett fremden Familie zu leben, aber ich habe mich ziemlich schnell eingelebt und alles hat sich komplett normal angefühlt. Da meine Gastfamilie sehr aktiv und sportlich war habe ich immer viel mit ihnen unternommen wie zum Beispiel Campen, Schlittschuh fahren und Langlaufen.

Auf den ersten Schultag in der High School habe ich natürlich schon die ganze Zeit hin gefiebert, aber als er dann kam wurde ich doch ein bisschen nervös. Da ich leider keinen typischen yellow schoolbus bekommen habe, musste ich mit dem Fahrrad zur Schule fahren, aber die anderen High School Klischees habe ich ja dann trotzdem noch erlebt. Als ich in die Schule hineinge-gangen bin, habe ich zuerst gar nix gefunden und habe mich erst mal total verlaufen. Aber mit ein wenig Hilfe habe ich dann doch meinen richtigen „locker“ gefunden.

Die Struktur des Stundenplans war dort komplett anders als in Deutschland, denn es gab einen 9-Tage Plan, weil es öfters im Jahr schulfreie PD-Days gab und man so keine Tage verliert, weil die Unterrichtstage nicht an bestimmte Wochentage gebunden sind. An meiner Schule konnte man für Mathe und Französisch den „Advanced“ oder „Basic“ Kurs und außerdem noch zwei Wahlfächer wählen. Zur Auswahl gab es Chemie, Physik, Bio, Law, Psychologie, Team Sports, Home Education (dort lernt man kochen, stricken und alles was für den Haushalt wichtig ist) und Yoga. Ich habe Bio und Yoga genommen und so konnte ich dann ein paar Stunden pro Woche entspannen anstatt Schule zu haben. Auch gab es im Gegensatz zur Schule in Deutschland hier keine Schulaufgaben, sondern viele kleine Tests und dann noch die „Mid Terms“ und „Finals“, die großen Prüfungen einmal in der Mitte und einmal am Ende des Jahres.

Was mich auch überrascht hat war das viel freundschaftlichere Verhältnis zwischen den Schülern und Lehrern, das aber das ganze Schulklima viel entspannter und lockerer macht. Man ist oft noch länger in der Schule geblieben um sich mit Lehrern zu unterhalten und außerdem haben auch viele Schüler Lehrern Probleme und persönliche Dinge anvertraut. Die meisten Sport Teams hatten auch Lehrer als Trainer und deswegen hatte man auch außerhalb der Schule was miteinander zu tun.

Ich bin dann gleich am Anfang zu den Tryouts für das Basketballteam gegangen, und habe es auch ins Team geschafft. Auch wenn ich definitiv nicht die Beste war, war das Team echt super, denn so habe ich schnell Freunde gefunden und hatte auch immer etwas zu tun. Ich hatte dreimal die Woche Training wovon eins in der Früh vor der Schule und eins am Samstagmorgen war, was ich beides nicht aus Deutschland gewöhnt war. Da wir so oft Training und dann noch Spiele und Turniere hatten, für die wir teilweise 5 Stunden gefahren sind, war ich immer beschäftigt und mir war definitiv nicht langweilig in meiner Anfangszeit. Durch eine Sportmannschafft oder allgemein Clubs ist es auf jeden Fall am Einfachsten Freunde zu finden und ich kann wirklich jedem raten sich am Anfang für möglichst viele Sachen einzuschreiben.

Dann kam auch Anfang November schon relativ schnell der Winter. Die teilweise minus -35°C waren dann manchmal doch ein bisschen zu kalt, aber das hatte den Vorteil, dass wir öfters mal schulfrei hatten und man sich dann den ganzen Tag einfach mit einer Tasse Tee und Netflix ins Bett legen konnte.

Aber im Winter kann man natürlich auch noch andere Sachen machen vor allem wenn an gefühlt jeder Ecke eine Eisbahn steht und der Skihügel nur 15 Minuten mit dem Auto entfernt ist. Ich bin dann auch in der Schule dem Ski Club beigetreten wo ich wieder viele neue Leute kennengelernt habe. Somit bin ich jede Woche Skigefahren was echt viel Spaß gemacht hat.

Anfang März habe ich dann eine Gastschwester bekommen, die ebenfalls aus Deutschland war. Wir hatten uns vorgenommen nicht Deutsch miteinander zu reden, da wir ja in Kanada waren und wir Englisch und Französisch lernen wollten. Wir haben‘s dann auch wirklich bis zum Ende durchgehalten und echt nur Englisch miteinander geredet. Davor hatte ich ein bisschen Bedenken, dass wir uns nicht verstehen, da wir uns ja wirklich überhaupt nicht kannten und plötzlich in der gleichen Familie leben sollte, aber wir haben uns echt super verstanden, und obwohl wir 24/7 zusammen waren, haben wir uns nie gestritten.

Nachdem der Winter im April nach 6 Monaten endlich mal langsam zu Ende ging, ging dann auch die Frühlingssaison los und ich bin dann noch dem Leichtathletikclub, dem Flagfootballclub und dem Running Club beigetreten.

Mit dem habe ich dann im April beim „Grand Défi“ mitgemacht, einem 270 km langem Lauf von Quebec City nach Montréal. Da hat jede Schule einen Bus bekommen und dann sind immer 2-3 Schüler 2 Kilometer gelaufen während der Bus nebenhergefahren ist und danach waren die nächsten dran. Wir sind auch die komplette Nacht durchgelaufen bis auf drei Stunden wo wir in einer Turnhalle geschlafen haben. Das Ganze war wirklich ein riesen Event mit ca. 5000 Leuten und am Ende sind wir dann sogar noch in das Olympiastadium in Montreal eingelaufen.

Dann war das Schuljahr auch eigentlich schon fast zu Ende und die Abschlussprüfungen standen an. Deswegen musste man die letzten Wochen auch nur für diese in die Schule gehen und hatte dann die restlichen Tage frei.

Da ich in der 11. Klasse und damit in der Abschlussklasse war, konnte ich dann auch zur Graduation gehen. Wir haben alle dann so typische Roben und Hüte bekommen und sind dann alle hintereinander über die Bühne gelaufen und haben das High School Diploma bekommen. Das war echt cool sowas zu erleben, da man das ja sonst normalerweise nur in Filmen sieht.

Am nächsten Tag war dann auch schon Prom, der Abschlussball. Da habe ich mich davor mit allen Freundinnen zusammen fertig gemacht und dann die Kleider angezogen, die wir davor zusammen gekauft hatten. Prom hat wirklich viel Spaß gemacht und ist definitiv etwas was ich nicht vergessen werde.

Da ich meinen Aufenthalt verlängert hatte, konnte ich noch einen Monat länger bleiben und dieser war definitiv der Beste. Gleich am Anfang habe ich den „Canada Day“ am 1. Juli miterlebt und da Ottawa ja die Hauptstadt ist, waren die Feierlichkeiten wirklich groß. In der Innenstadt waren mehrere riesige Bühnen aufgebaut, es gab Essen an jeder Ecke und gefühlt die ganze Stadt war auf den Straßen.

Danach bin ich mit meiner Gastschwester, meinem Gastbruder und einem Freund für paar Tage nach Montreal, und die restlichen Wochen zurück in Gatineau konnte ich dann den richtigen kanadischen Sommer erleben mit Tagen am Pool oder See und Abenden am Lagerfeuer.

Und dann war meine Zeit in Kanada auch leider schon vorbei und ich musste mich mit viel Tränen von meiner Gastfamilie und meinen Freunden verabschieden. Ich habe in diesem Jahr so viele Sachen erlebt, tolle Leute kennengelernt, eine neue Kultur kennengelernt, viele Sachen gelernt und mir ein zweites Zuhause auf der anderen Seite der Welt aufgebaut. Zurückblickend kann ich sagen, dass dieses Jahr definitiv das Beste bis jetzt war und ich kann jedem nur empfehlen diesen Schritt zu wagen und kann versprechen ihr werdet es nicht bereuen!